Ab Frühjahr 2024 heißt es für Autofahrer aufgepasst, denn dann bieten Tankstellen neue Kraftstoffe an. Neben XTL-Diesel wird auch die Spritsorte Diesel B10 eingeführt. Schon lange wird an synthetischen Kraftstoffen geforscht, die den klimaschädlichen Ausstoß von CO2 reduzieren sollen. Denn auch mit dem Verbrenner-Aus im Jahr 2035 benötigen Bestandsfahrzeuge Sprit, und dieser sollte frei von fossilen Energieträgern sein. Die neuen Kraftstoffe sind dabei ein weiterer Schritt Richtung emissionsärmerer Mobilität. Doch was verbirgt sich hinter den Abkürzungen und worauf müssen Dienstwagenfahrer achten? Das erklären wir in diesem Beitrag.
Warum gibt es neue Kraftstoffe in 2024?
Verbrennerfahrzeuge sind für einen großen Teil umweltschädlicher Emissionen verantwortlich. Um diese weiter einzudämmen, hat das Bundeskabinett nun den Weg für neue Kraftstoffsorten geebnet.
Grundsätzlich regelt der Gesetzgeber mit der 10. BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) die Eigenschaften von Kraftstoff und stellt dessen Qualität im Hinblick auf Umweltschutz und Verbrauchersicherheit sicher. Mit der Anpassung der Verordnung dürfen Tankstellen künftig auch paraffinische Dieselkraftstoffe (XTL) als Reinkraftstoff anbieten. Diese können dann zu 100 % aus Altspeiseölen bestehen. Bislang war eine Beimischung zu fossilem Diesel von höchstens 26 % erlaubt.
Gleichzeitig werden Dieselkraftstoffe erlaubt, bei denen Erdgas (GTL) als Ausgangsmaterial dient. Der Bundesrat muss der Novelle noch zustimmen. Angeboten werden die neuen Kraftstoffe dann voraussichtlich ab April 2024.
Was ist XTL Diesel?
Einer der neuen Kraftstoffe, der ab Frühjahr 2024 an Tankstellen verfügbar sein wird, ist mit dem Kürzel XTL gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um einen Sammelbegriff für synthetische Kraftstoffe, die aus verschiedenen Rohstoffen hergestellt werden. Das Akronym XTL steht für Anything to Liquid. Das X bedeutet in dem Fall, dass ein beliebiger Rohstoff als Ausgangsmaterial für die Umwandlung in einen flüssigen Energieträger verwendet werden kann. XTL-Kraftstoffe kommen damit ohne fossile Energieträger aus.
Die dabei entstehenden Endprodukte sind auch als paraffinische Diesel bekannt. Je nach Herstellungsweise unterscheidet man zwischen paraffinischem Diesel aus hydrierten Pflanzenölen und synthetischen Fischer-Tropsch-Kraftstoffen.
Was bedeutet HVO?
Paraffinischer Diesel aus hydriertem Pflanzenöl trägt die Abkürzung HVO, kurz für Hydrogenated Vegetable Oil. Als Rohstoff dienen Rest- und Abfallstoffe der Lebensmittelindustrie sowie gebrauchte Speisefette und –öle. Bei der Herstellung wird dem Ausgangsmaterial Wasserstoff beigemischt und anschließend unter hohem Druck – und mithilfe eines Katalysators – in Kohlenwasserstoff umgewandelt.
HVO ist nahezu frei von Schwefel und bei der Herstellung und Verbrennung werden bis zu 90 % weniger Stickoxide freigesetzt als bei herkömmlichem Diesel. Zudem kann der Kraftstoff in den meisten modernen Dieselmotoren verwendet werden, ohne dass eine Umrüstung erforderlich ist.
Was ist Diesel B10?
Diesel B10 ist ein Dieselkraftstoff, der bis zu 10 % Biodiesel enthält. Die restlichen 90 % bestehen aus herkömmlichem Dieselkraftstoff. Bislang war die Beimischung von Biodiesel auf höchstens 7 % begrenzt. Diesel B7 wird auch weiterhin an deutschen Tankstellen verfügbar sein.
Jedoch dürfen nicht alle Fahrzeuge mit B10 betankt werden. Hersteller müssen zuvor eine modellspezifische Freigabe für die Verwendung von Diesel B10 erteilt haben. Autofahrer sollten daher in jedem Fall prüfen, ob sie den Kraftstoff tanken dürfen.
Was ist der Unterschied zwischen HVO und Biodiesel?
Sowohl HVO als auch Biodiesel spielen in der Übergangsphase zu nachhaltigeren Kraftstoffalternativen eine wichtige Rolle. Verwechselt werden sollten sie aber nicht, denn es gibt zahlreiche Unterschiede zwischen beiden Kraftstoffen:
Biodiesel
- Pflanzen wie beispielsweise Raps oder Soja werden extra für die Herstellung angebaut und auch nur in Teilen (Blüte oder Frucht) weiterverarbeitet
- Nicht kältebeständig, da es bei niedrigen Temperaturen zur Gelbildung kommt
- Bei längerer Lagerung kann es zu einem Qualitätsverlust kommen, da der Kraftstoff Wasser aufnimmt und ein mikrobielles Wachstum
HVO Diesel
- Biologische Rest- und Abfallstoffe dienen als Ausgangsmaterial und werden vollständig verarbeitet
- für die Herstellung müssen keine landwirtschaftlichen Flächen genutzt werden
- Gute Kältestabilität
- Durch die begrenzte Verfügbarkeit des Rohstoffes und des aufwändigen Herstellungsprozesses ist HVO teurer als Biodiesel
- Nahezu geruchsneutral
Welche weiteren Arten von synthetischen Kraftstoffen gibt es?
Synthetische Kraftstoffe können aus einer Vielzahl von Rohstoffen gewonnen werden. Zu den gängigsten Sorten gehören:
- GTL (Gas-to-Liquid): Für die Herstellung dient Erdgas als Rohstoff, aus dem bei der Fischer-Tropsch-Synthese zunächst Synthesegas (ein Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff) erzeugt und anschließend in flüssige Kohlenwasserstoffe umgewandelt wird.
- BTL (Biomass-to-Liquid): Hierfür wird Biomasse wie z.B. Bioabfälle oder Stroh als Ausgangsmaterial verwendet. Die Herstellung ist zwar aufwändiger als die von Kraftstoffen auf Basis von Pflanzenölen, dafür kann jedoch die gesamte Biomasse genutzt werden und nicht nur Teile davon.
- CTL (Coal-to-Liquid): Als Rohstoff wird Kohle verwendet. Die Herstellung von CTL-Kraftstoffen ist jedoch sehr CO2-intensiv, denn sowohl der Herstellungsprozess selbst als auch die Verbrennung des Endprodukts führen zu hohen Treibhausgasemissionen.
- PTL (Power-to-Liquid) / E-Fuels: Zu dieser Kategorie gehören Kraftstoffe, die mithilfe von Elektrizität hergestellt werden, idealerweise aus erneuerbaren Energien. Der Herstellungsprozess umfasst die Elektrolyse von Wasser, um Wasserstoff zu erzeugen, der dann mit CO2 (aus der Atmosphäre oder industriellen Quellen) in flüssige Kraftstoffe umgewandelt wird.